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InDesign Japanisch – Sonderfunktionen

Wie Sie ja bereits wissen, ist in Japan vieles anders, nicht nur die Sprache. Dass da die japanische Sprachversion von InDesign auch zusätzliche Funktionen für komplexere typografische Besonderheiten enthalten muss, ist demnach ganz logisch.

InDesign Japanisch

Japanisch richtig setzen mit Sonderfunktionen ©2016 Mynavi Publishing Corporation

Japanisch im deutschen InDesign?

Adobe sagt: »Alle Versionen von InDesign verwenden ein gemeinsames Dateiformat. Sie können daher Dateien aus einer japanischen, arabischen, chinesischen oder koreanischen Version in einer europäischen oder indischen Version öffnen und bearbeiten. Umgekehrt lassen sich europäische und indische Versionen in den anderen Sprachen verwenden. Die InDesign-Version für europäische Sprachen verfügt jedoch nicht über die typografischen Funktionen oder die Layout- und Rahmenraster zur Bearbeitung arabischer und asiatischer Texte, die in den japanischen, arabischen, chinesischen und koreanischen Versionen verfügbar sind.«

Ich habe zwar bisher weder eine »chinesische« noch eine »koreanische« Version von InDesign gesehen aber vermute, dass es sich dabei nur um die Zusatzfunktionen für Chinesisch und Koreanisch handeln könnte, die in der japanischen Version integriert sind (oder hat jemand doch tatsächlich so eine Version?).

Jedenfalls heißt es also, dass der komplexe japanische Satz mit der deutschen Version nicht vorgenommen werden kann, aber der Austausch von offenen InDesign-Dateien soll ohne weiteres gewährleistet sein. Selbst getestet habe ich das nicht, deshalb kann ich nicht sagen, inwieweit diese Aussage stimmt. Ob auch komplexe Ruby-Zeichen fehlerfrei in der deutschen Version dargestellt werden können? – ein großes Fragezeichen.

Optische Unterschiede

Alle Funktionen und Optionen an dieser Stelle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, und der Aufwand dafür würde sowieso in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Nichtsdestotrotz habe ich mir ein bisschen Mühe gegeben, damit Sie sich wenigstens ein Bild davon machen können, wie anders die japanische Software aufgebaut ist als Ihre.

Zeichenpalette und Absatzpalette in InDesign Japanisch

[ Zeichen- und Absatzpalette ]Die Unterschiede dürften dem eingefleischten InDesign-User gleich auffallen. Die Paletten hier sind jedenfalls größer als normal.

Zeichenpalette-Optionen in InDesign Japanisch

[ Optionen in der Zeichenpalette ]Tate-chu-yoko, Warichu, Ruby, Kenten, Mojisoroe … Es sind Fachbegriffe, weshalb sie auch im nicht-japanischen Benutzerhandbuch in der Regel unübersetzt als japanische Terminologie übernommen werden.

Absatzpalette-Optionen in InDesign Japanisch

[ Optionen in der Absatzpalette ]Auch hier ist die Liste der Optionen länger. Zu den Themen Burasagari und Kinsoku finden Sie Informationen auf dieser Seite weiter unten.

Werkzeuge in InDesign Japanisch

Das Textwerkzeug für den Vertikalsatz darf natürlich nicht fehlen.

Bei Interesse können Sie bei Adobe ausführliche Informationen über jede dieser Funktionen auf Deutsch und/oder auf Englisch nachzulesen:

Vertikaler Satz

Japanisch wird in Druckerzeugnissen überwiegend vertikal gesetzt. Alle Zeitungen, die meisten Bücher und Zeitschriften werden von »hinten« aufgeschlagen, also von rechts nach links gelesen. Japanisch funktioniert zwar auch horizontal technisch einwandfrei, aber für Japaner sind vertikal gesetzte Texte unzweifelhaft angenehmer zu lesen als horizontal gesetzte, weshalb lange und schnell zu lesende Texte wie Zeitungsartikel oder Romane so gut wie nie horizontal gesetzt werden. Die Möglichkeit zum vertikalen Satz ist also für Japanisch ein unentbehrlicher Bestandteil eines Satzprogramms.

InDesign Japanisch Bund rechts

[ Bund: rechts ]Das ist in Europa unbekannt. Im Fenster »Neues Dokument« legen Japaner neben Papiergröße und Seitenanzahl auch fest, auf welcher Seite das neue Dokument gebunden sein soll.

InDesign Japanisch Seitenübersicht

Je nach dem, wie das Dokument aufgeschlagen wird, fällt die Seitenübersicht anders aus. Das Bild links zeigt die »normale« mit dem Bund auf der linken Seite, rechts ist die typisch japanische. Bei der Erstellung der Druckdateien aus solch einer speziellen Vorlage ist eine frühe Rücksprache mit der zuständigen Druckerei zu empfehlen, um Durcheinander beim Ausschießen vorzubeugen.

Vertikalsatz Japanisch

Vertikaler Satz ©2010 Rockin’on Japan

»Kinsoku-Shori« – automatische Zeilenumbruch-Kontrolle

Abgesehen von einigen Ausnahmen können japanische Wörter überall für den Zeilenumbruch getrennt werden. Silbentrennung, wie Sie sie aus Ihrer Sprache kennen, gibt es im Japanischen nicht. Zusätzlich werden im Japanischen zwischen den Wörtern keine Zwischenräume geschrieben. Wo es weder Silbentrennung noch Wortfugen gibt, wird auch am Zeilenende kein Trennstrich gebraucht. Wenn für ein in lateinischen Buchstaben geschriebenes Wort im japanischen Text am Zeilenende der Platz nicht reicht, wird es einfach getrennt – ohne Rücksicht auf die Rechtschreibung der betroffenen Sprache. Hierfür kann man den Japanern aber keinen Vorwurf machen, so ist es dort nun mal üblich. Ich persönlich dagegen kenne die europäische Typografie zu gut, als dass ich heute noch ein Wort ohne einen Trennstrich trennen könnte, was in Japan zum Glück auch nicht verboten ist.

Die oben erwähnten Ausnahmen sind bestimmte Schrift- und Satzzeichen, bei denen kein Zeilenumbruch stattfinden darf. Früher gab es keine verbindlichen »Regeln« für den Zeilenumbruch, sondern es waren sozusagen »althergebrachte Empfehlungen«, an die sich umsichtige Setzer gern hielten, um einen angenehmen Lesefluss zu garantieren. Diese »alten Weisheiten« sind seit 1993 in der japanischen Industrie-Norm JIS (JIS X 4051 – Satzregeln für japanische Dokumente) festgeschrieben, und inzwischen kann man mit Fug und Recht sagen, dass es heute einen »richtigen« und »falschen« Zeilenumbruch gibt (mehr zum Thema Zeilenumbruch finden Sie unter »Flattersatz und Kursive«).

Trotz der Einführung dieser Norm bleibt dem Setzer in der Praxis ein erheblicher Spielraum, nach welchem Modus er Zeilen umbrechen möchte. Satzregeln sind eben keine Verkehrsregeln, an die man sich immer exakt halten muss. Im Einstellungsfenster (Bild unten) gibt es zwei Modi für Japanisch, einen harten und einen weichen. Im harten Modus sind wesentlich mehr Zeichen, bei denen ein Zeilenumbruch verboten ist, standardmäßig eingetragen als im weichen.

InDesign Japanisch Kinsoku Sprachen

Modus wählen: InDesign bietet auch Voreinstellungen für die Zeilenumbrüche der Sprachen der Nachbarländer.

InDesign Japanisch Kinsoku Zeichen

Die Voreinstellungen im Überblick: Durch die Eingabe in Feld 1 können beliebig viele zusätzliche Zeichen in die Liste eingefügt werden.

In einer mit diesen Einstellungen erstellten Datei wird es keinen falschen Zeilenumbruch mehr geben. In der deutschen Programmversion muss der arme Setzer alle falschen Umbrüche per Hand korrigieren – noch. Vielleicht wird es irgendwann keine speziellen Sprachversionen mehr geben und man alle Schriftsysteme mit demselben Programm bearbeiten können.

Burasagari

Sie haben wahrscheinlich den Begriff »hängende Interpunktion« schon mal gehört. Eigentlich ist dies keine japanische Spezialität, denn Gutenberg verwendete herausstehende Trennstriche und Punkte bereits in seiner 42-zeiligen Bibel. In der japanischen Typografie spielte dieses Thema besonders in der Zeit des Buchdrucks eine größere Rolle als in der europäischen, weil japanische Punkte und Kommata dieselbe Dickte hatten wie alle anderen Schriftzeichen, wodurch viel auffälligere Lücken am Absatzrand entstanden als die, die Gutenberg als störend empfand.

Diese Funktion hat es deshalb in japanischen Satzprogrammen schon immer gegeben und sie wird auch ausgiebig benutzt. Auf Japanisch lautet der Fachbegriff für sie »Burasagari«. Sie unterscheidet sich von der auch in europäischen Programmversionen bekannten, ähnlichen Funktion »Optischer Randausgleich«, dadurch, dass Burasagari nur auf Doppelbyte-Satzzeichen Auswirkung hat.

InDesign Japanisch Burasagari

Bei »Ohne« bleiben alle brav im Textrahmen. Ist die Burasagari-Funktion aktiviert, dürfen die Auserwählten über den Absatzrand hinausragen, bei »Erzwingen« müssen sie.

Ruby

… demnächst!